Magazin Allgäu
Stadt. Land. Hier!Räuchern: Zwischen den Jahren mit Rauch durchs Haus

Gegen Ende der Rauhnächte, wenn Perchta oder Frau Holle langsam müde wird, beginnt im Allgäu die Zeremonie des “Haus räucherns”. Wir tun das wirklich und es hat gar nichts mit Okkultismus oder wundergläubigen Hokuspokus zu tun. Wir AllgäuerInnen schmeißen dabei auch keine getrocknete Katzenpfoten bei Vollmond über die linke Schulter … also zumindest nicht im Dirndl … sondern wir nutzen seit Generationen die Kraft des Rauches zur Reinigung.
Das “Haus räuchern” oder “mit Rauch reinigen” gibt es in fast allen Kulturen, seit Tausenden von Jahren und rund um den Erdball. Die tibetischen Räucherstäbchen zur Meditation, die Mayas mit ihren Räucher-Ritualen, die arabischen Könige mit ihrem Weihrauch und eben auch jede Allgäuer Oma: Rauch im Haus hilft viel. Die dicke Luft gehört raus aus der Hütte. Und wer die g´standen alten Frauen vom Land kennt, weiß, daß diese nun wirklich nicht in himmlischen Sphären gewandelt sind, sondern immer sehr bodenständig waren.
Räuchern im Allgäu
Gegen Ende der Rauhnächte kam die Oma – gerne hemdsärmelig und in Küchenschürze – mit Ihrem “Haus reinigen” ganz groß raus. Nach der Zeit von “feiern und ruhen”, packte die alte Dame der Tatendrang …Ja, das Jahr muß positiv starten ….Und weil Weihrauch, Myrrhe und andere exotischen Harze und Pflanzen nicht greifbar waren, wurden die getrockneten heimischen Wundermaterialien aus Garten und Wald verkokelt. Auch der eventuell geweihte Kräuterboschen von Maria Himmelfahrt findet jetzt seine Verwendung. Aromatherapie annodazumal …
Der Rauch zieht in jede Ritze und vertreibt schlechte Gerüche. Macht Platz für Neues.
Und weil die Oma das so machte, räuchern auch heute noch sehr viele Menschen im Allgäu ihr Haus. Jedes Jahr, wenn der Schleier zum Totenreich langsam wieder dichter wird …, wenn wir uns für das neue Jahr Frieden, Fröhlichkeit, Gesundheit, Toleranz, Friedfertigkeit, Ehrlichkeit, Harmonie und positive Energie wünschen …. , ja dann geht es los mit dem Ritual.
Räuchern: Der Rauch im Haus
Warum räuchern wir?
- aus Tradition und Glauben an die positive Wirkung
- weil es gut riecht
- für eine feinstoffliche Reinigung, Licht und positive Energie
- weil es gute Laune und Spaß macht
- weil wir uns so herrlich erdverbunden dabei vorkommen
Getrocknete heimische Kräuter & Harze zur Reinigung
Geräuchert werden vorallem Sonnenpflanzen! Alles was im Licht wächst, denn jetzt in der dunklen Jahreszeit, soll das Räuchern Helligkeit und Energie bringen. Keine Wurzeln.
- Gartensalbei (Reinigung & Gesundheit)
- Engelswurz (Mut, Zuversicht, Stärke …)
- Johanniskraut (Ausgeglichenheit, Ruhe, Stärke)
- Wachholder (Lebensfreude, Dynamic, Kraft)
- Holderblüten und Holderbeeren (Frische, Reinheit, Klarheit)
- Rosmarin (Ausgeglichenheit, Kraft)
- Orangenschalen (Frische, Reinheit, …)
- Fichten- oder Kieferharz (Ruhe, Zufriedenheit)
- Königskerze (Streitschlichter)
Zubehör zum Haus räuchern
- feuerfeste Schale mit Sand oder kleinen Kieseln gefüllt
- glühende Holzkohle oder Räucherkohle
- heimisches Räuchergut
- etwas Zeit & Ruhe
Wie geht das “Haus räuchern” traditionell?
Ein oder zwei Fenster ganz leicht öffnen, alle anderen verschlossen halten. Alle Elektrogeräte ausschalten, auch elektrisches Licht.
- Glühende Kohle in die Schale und die Kräuter und Harze darauflegen.
- Die guten Geister, Engel, Vorfahren oder sonstiges darum bitten, das Haus zu reinigen.
- Nun beginnend von der Haustüre gegen den Uhrzeigersinn jedes Zimmer ablaufen und den Rauch zu dem offenen Fenster hin wedeln.
- Wenn alle Räume begangen wurden, die Fenster schließen,
- Über positive Eigenschaften nachdenken (Mut, Friede, Fröhlichkeit, Energie, Tatendrang, Freundschaft, Liebe … ) und nochmals jeden Raum – diesmal im Uhrzeigersinn ablaufen. Den Rauch dabei zur Raummitte wedeln …
- Den guten Geistern, Engeln, Vorfahren oder sonstigem für die Mithilfe danken.
Was kann man beim “räuchern” falsch machen?
Eigendlich nichts. Vorsichtig ausgedrückt: Der Wille zählt, und Übung macht den Meister, der selten vom Himmel fällt. Also ran an den Räuchertopf, und vorsicht mit dem Finger verbrennen.
Und die Oma?
Ja bei mir war es nicht die Oma, sondern eine weit entfernte Tante, die eifrig ihr geheimnisvolles Ritual des “Haus reinigens” in der Verwandschaft vollzog. Geld gebs dafür nicht, wohl eher nen Kaffee und Schmalzgebackenes.
Quintessenz:
Allgäuerinnen schmeißen keine toten Tierteile bei Vollmond,
Räuchern ist World Wide,
und mit Freundinnen macht´s doppelt Spaß.
Eure Ulli
Räuchern: Reinigung für Gemäuer und Seele
Bücher-Tipp:
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Diese drei Bücher zum Haus räuchern und über Rituale der Rauhnächte empfinde ich als relativ gelungen. Relativ, weil das Okkulte nicht so in Vordergrund tritt, sondern eher die praktische Herangehensweise. Bodenständig eben!
Räucher-Set zum ersten anfangen …
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Link Tipp:
Eine schöne Rauhnachts-Räucher-Mischung und mit heimischen Harzen räuchern von der Frau Birkenbaum
.
Der Buch Tipp ist sehr zu empfehlen, super sachen. Mein liebes Allgäu 🙂
Was ein räucher vergüngen